Home
Nutzer-Forum
Der Verein
Download Area
Impressum
Presse
Aus der Politik
Susanne Junge 
Wissenschaftliche 
Referentin
 

 

                                                   29. September 2003
Große Anfrage zur Einstellung des Offenen 
Kanals
Sehr geehrter Herr Gehlsdorf,
mit einem herzlichen Gruß von Frau Gesine 
Dräger übersende ich Ihnen zu Ihrer 
Information eine aktuelle Große Anfrage an den 
Hamburger Senat zur Einstellung des Offenen 
Kanals sowie die Pressemitteilung, mit der wir 
die Initiative der Öffentlichkeit vorstellt haben.
Mit freundlichen Grüßen 

Gez. Susanne Junge 

BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG	Drucksache 17/
17. Wahlperiode
                            Große Anfrage
    der Abgeordneten Uwe Grund, Gesine Dräger, Ingo Egloff, Dirk 
 Kienscherf, Heidemarie Scherweit-Müller, Jürgen Schmidt (SPD) und 
                              Fraktion
Betr.: Einstellung des Offenen Kanals: Verschwendung öffentlicher 
Mittel – soziale Härte  für die Beschäftigten 
Mit In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Neuordnung des Hamburgischen 
Medienrechts endete der Betrieb des Offenen Kanals in der Stresemannstraße 
375. Ein geordneter (Betriebs)Übergang des Offenen Kanal zum neuen Träger 
Hamburg Media School (HMS) war vom Senat nicht vorgesehen. 
Der Senat machte den Träger des Offenen Kanals, die Hamburgische Anstalt für 
neue Medien (HAM), zu seinem “Abwickler”. Die Beschäftigten sollen gekündigt, 
Mietverträge aufgelöst und das Inventar veräußert werden. Vielen ehrenamtlichen 
Nutzergruppen, die sich über die reine Sendearbeit in zahlreichen 
gesellschaftspolitischen Feldern engagiert haben, wurde die Möglichkeit 
genommen, ihre Arbeit fortzuführen.
An Stelle des Offenen Kanals sieht das Gesetz zur Neuordnung des 
Hamburgischen Medienrechts einen Bürger- und Ausbildungskanal vor. Die 
Hamburg Media School (HMS) wurde vom Senat in einem lizenzpolitisch 
international einzigartigen Lizenzverfahren zum Träger gemacht. Angesichts der 
privat-öffentlichen Struktur der HMS bleiben die Vorgaben für den Sendebetrieb 
nach internationalem Maßstab im Gesetz zu ungenau. Nach §3,2 können  
Rundfunkveranstalter in allen “Aufgabenbereichen” kooperieren und Beteiligungen 
eingehen. Zudem wird in § 3 festgestellt, dass die Erfüllung der Programmaufgabe 
in eigener Verantwortung erfolge. 
Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

A. Übergang des Sendebetriebs von Offenen Kanal zur HMS
Das BGB sieht nach § 613 ein geregeltes Verfahren für den Fall vor, dass ein 
Betrieb von einem neuen Inhaber – ggf. auch unter geänderter Konzeption – 
fortgeführt wird. 
*   Warum wollte und will der Senats den Offenen Kanal nicht fließend in den 
    Bürgerfunk überführen?
*   Weshalb entschied sich der Senat gegen die Option, den Sendebetrieb im 
    Offenen Kanal übergangsweise weiter zu organisieren? 
*   Warum legt der Senat keinen Wert darauf, die fachlichen Kompetenzen der 
    Mitarbeiter und Nutzer des Offenen Kanals für den neuen Betreiber HMS zu 
    sichern?
*   Warum ließ der Senat außer Acht, eine sozialverträgliche Behandlung der von 
    der Änderung betroffenen Beschäftigten zu gewährleisten? 
*   In welcher Form erklärt sich der Senat bereit, Verantwortung für die geänderten 
    Bedingungen zu übernehmen? Kommt der Senat für die wirtschaftlichen 
    Risiken seiner politischen Entscheidung auf?



B. Beschäftigungspolitische Folgen der Beendigung des Offenen Kanal
Der Offene Kanal  war ein bislang ein Hörfunk- und Fernsehangebot, das von 
Bürgern für Bürger unter der Trägerschaft der HAM produziert wurde. Dies 
funktionierte vor allem auf Grundlage eines erheblichen ehrenamtlichen 
Engagements.
Die HAM ist eine Einrichtung öffentlichen Rechts, ein öffentlich-rechtlicher 
Medienbetrieb, der seine ihm vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben engagiert 
und erfolgreich wahrgenommen hat. Die Beschäftigungsverhältnisse der 
Mitarbeiter des Offenen Kanals entstanden infolge des hamburgischen 
Mediengesetzes in Verbindung mit dem Rundfunkstaatsvertrag. Sie stehen damit 
in der Führsorgepflicht und der politischen Verantwortung des Senats. 
*   Hält es der Senat vor dem Hintergrund der schlechten Arbeitsmarktlage für 
    vertretbar, für die Verwirklichung seiner politischen Pläne ohne Not die 
    berufliche und soziale Zukunft der Beschäftigten des Offenen Kanal zu 
    gefährden? Beschäftigte, die bis zu 17 Jahre lang eine anerkannte qualifizierte 
    Arbeit geleistet haben.
*   Welche personalpolitischen Überlegungen hat Senat vor dem Beschluss des 
    neuen Mediengesetzes hinsichtlich der Beschäftigten des Offenen Kanals 
    angestellt? 
*   In welcher Verantwortung für die Beschäftigten sieht sich der Senat vor dem 
    Hintergrund, dass die HAM eine öffentlich-rechtliche Einrichtung ist? 
*   Warum sieht der Senat keine andere Möglichkeit, als die Kündigung der 
    Arbeitsverhältnisse durch die HAM zu veranlassen?
*   Hat sich der Senat im Vorfeld der Entscheidungen für das neue Mediengesetz 
    über Struktur und Dauer der Beschäftigungsverhältnisse des Offenen Kanals 
    informiert?
*   Hat der Senat die Qualifikationsprofile des Personals des Offenen Kanals mit 
    der Qualifikationsanforderungen der HMS evaluiert?    
*   a.	Unterstützt der Senat die vorsichtige Absichtserklärung der HMS, Teile des 
    Personals für 
	den künftigen Bürgerkanal zu übernehmen?  Wenn ja wie?
    (am 16. Mai 2003 sagte der Geschäftsführer der HMS Herr Henne De Dijn bei der 
    Anhörung der Bürgerschaft zum Mediengesetz wörtlich: ”…Natürlich wird man 
    nach Maßgabe von Qualifikation und Motivation mit Menschen auch 
    zusammenarbeiten, die dieses vorher auch schon getan haben. Das ist eine Frage 
    der Gespräche…”). 
b.	Wieweit sind die Bemühungen der HMS in dieser Hinsicht gediehen?
c. 	Wann ist mit Entscheidungen zu rechnen?
*   Wird erwogen, für das Personal des Offenen Kanals, die bei der HMS eine 
    Beschäftigung finden sollen, geeignete Qualifizierungsmaßnahmen 
    durchzuführen?  Wenn nein, warum nicht?

C. Standort Offener Kanal Stresemannstraße 375
Die vom Senat betriebene Einstellung erforderte die Kündigung des Mietvertrags 
durch die HAM für die Räume in der Stresemannstraße 375. 
*   Hat der Senat Kenntnis darüber, dass der Mietvertrag des Objektes im 
    vergangenen Jahr um fünf Jahre verlängert wurde?
*   Wie ist die Verlängerung des Mietvertrages vor dem Hintergrund der 
    Senatspläne zum neuen Mediengesetz zu erklären?
*   Ist es richtig, dass die HAM möglicherweise bis Ende 2007 Mietzahlungen für 
    ein leer stehendes Mietobjekt zu leisten hat?
*   Trifft es zu, dass es erforderlich sein wird, den Rückbau der vom Offenen Kanal 
    veränderten Mietflächen zu veranlassen?
*   Welche Laufzeiten und Kündigungsfristen liegen bei den 
    Übertragungsverträgen des Offenen Kanals mit Sendernetzbetreibern vor?
D.   Technische Anlagen Offener Kanal 
Dem Senat ist bekannt, dass im vergangenen Jahr das Fernsehstudio des 
Offenen Kanal für 230.000 Euro modernisiert wurde. Die letzten 
Einbaumaßnahmen wurden erst zum Jahreswechsel 2003 vollzogen.
*   Wie ist eine Investition in dieser Größenordnung vor dem Hintergrund der 
    Pläne des Senats zum neuen Mediengesetz zu erklären?
*   Hat der Senat die Verwendung des neuen TV-Studios für die HMS geprüft? 
    Falls ja, mit welchem Ergebnis?
*   Werden die bei der Veräußerung des neuen TV-Studios entstehenden Verluste 
    vom Senat getragen oder werden diese als Verluste der HAM bewertet? 
*   Was war der Buchwert sämtlicher technischen Geräte, der anderen Anlagen 
    und Einrichtungsgegenstände zum Zeitpunkt  der Sendereinstellung?
*   Was ist der Schätzwert sämtlicher technischen Geräte, der anderen Anlagen 
    und Einrichtungsgegenstände zum Zeitpunkt  der Sendereinstellung? 
*   Gibt es Kaufinteressierte für die technischen Geräte, die anderen Anlagen und 
    Einrichtungsgegenstände? 
*   Zu welchen Konditionen werden die technischen Geräte, die anderen Anlagen 
    und Einrichtungsgegenstände kalkuliert?
*   Wird die HMS die neue technische Gerätschaft des Offenen Kanal 
    übernehmen?

E.     Zukunft des Bürgerfunks in der HMS
*   Trifft es zu, dass die HMS gegenwärtig vor allem mit dem Aufbau und der 
    Sicherstellung des Hochschulbetriebs vollauf beschäftigt ist?
*   Laut Mediengesetz soll der Sendebetrieb spätestens zum 1. April 2004 
    beginnen. Ist damit zu rechnen, dass dieser Termin eingehalten wird?
    Wenn ja, in welchem Umfang wird der Hamburger Bildungs- und 
    Ausbildungsfunk ab 1. April 2004 im Radio zu hören bzw. im Fernsehen zu 
    sehen sein? 
    Wenn nein, welche Schritte wird der Senat unternehmen, um einen 
    rechtzeitigen Sendebeginn zu gewährleisten? Muss die HMS mit einer Kürzung 
    der Zuwendungen für den Bürgerfunk rechnen, wenn sie den avisierten 
    Starttermin nicht einhält? 
*   Hat die HMS dem Senat und/oder ihrem Trägerverein, dem Verein zur 
    Gründung und Förderung der HMS Hamburg Media School, ein detailliertes 
    und umsetzungsreifes Konzept für den Bürgerfunk vorgelegt? 
Wenn ja, wann und in welcher Form wird dieses Konzept der Öffentlichkeit 
vorgestellt werden? 
    Wenn nein, wann ist mit der Vorlage eines solchen Konzepts zu rechnen? Wie 
    beurteilt der Senat die Tatsache, dass die HMS Zuwendungen von der Stadt 
    Hamburg erhält, ohne ein Konzept für die Verwendung dieser Mittel vorgelegt 
    zu haben? 
*   Hat der Senat nach der Einstellung des Sendebetriebs des Offenen Kanals 
    Kontakt zu den zahlreichen ehrenamtlichen Nutzern aufgenommen und ihnen 
    für ihre häufig langjährige engagierte Tätigkeit gedankt und ihnen Perspektiven 
    für eine weitere Arbeit aufgezeigt? 
*   Auf der Homepage der HMS wirbt die Media School um Beiträge für den 
    Hamburger Bürgerfunk, die bis zum “Ende des Sommers” eingereicht werden 
    sollen. Durch “Fernsehprofis” sollen die Einsender dann in Arbeitsgruppen 
    eingeteilt werden, die sich um die Umsetzung der Ideen kümmern sollen. 
*   Wie viele solcher Beiträge bzw. Vorschläge sind bisher dort eingegangen? 
*   Ist, außer auf der Homepage der HMS, für die Einreichung von 
    Vorschlägen für Radio- und TV-Sendungen geworben worden? Wenn ja, in 
    welcher Form? 
*   Sind die Nutzergruppen des Offenen Kanals durch die HMS aufgefordert 
    worden, ihre Vorschläge einzubringen? 
    Wenn ja, wann und in welcher Form? Welche Nutzergruppen sind im 
    Einzelnen angesprochen worden? Welche nicht? 
    Wenn nein, warum nicht?
*   Welche Personen sind mit den auf der Homepage der HMS erwähnten 
    “Fernsehprofis” gemeint? 
*   Hat eine Einteilung in Arbeitsgruppen bereits stattgefunden? 
    Wenn ja, welche Arbeitsgruppen wurden eingerichtet? 
    Wenn nein, wann ist mit der Einsetzung zu rechnen? 
*   Nach welchen Kriterien werden unter den eingegangenen Vorschlägen 
    diejenigen ausgewählt, die später auf Sendung gehen sollen? 
*   Viele Nutzergruppen des ehemaligen Offenen Kanals haben sich über die reine 
    Sendearbeit hinaus in zahlreichen gesellschaftspolitischen Feldern engagiert. 
    Dazu gehören 
    - Projekte für Schülerinnen und Schüler (z. B. Naschei, [i:si]-TV und 
    Fischbrötchen-TV), 
    - Programme für Migrantinnen und Migranten, 
    - Stadtteilinitiativen.
    Werden diese Nutzergruppen auch im Hamburger Bürgerfunk einen (festen) 
    Sendeplatz bekommen? Nach welchen Kriterien wird entschieden, wer 
    zukünftig auf Sendung gehen kann? 
*   Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Offenen Kanals lag darin, dass 
    neben den Nutzergruppen mit festen Sendezeiten auch jede Hamburgerin und 
    jeder Hamburger in eigener Verantwortung eine selbst produzierte Sendung 
    einbringen konnte. Wird es eine solche oder ähnliche Möglichkeit im 
    Bürgerfunk noch geben? Wenn ja, in welcher Form soll dies realisiert werden? 

F.   Finanzpolitische Konsequenzen der Abwicklung des Offenen Kanal
Die Abwicklung des Offenen Kanals bringt die HAM durch die Notwendigkeit der 
Kündigung von Arbeitsverhältnissen und Gehaltsfortzahlungen aufgrund langer 
tariflicher Kündigungsfristen in erhebliche wirtschaftliche  Schwierigkeiten. Die 
zudem entstehenden Kosten für einen Sozialplan belasten den Haushalt der HAM 
auf Jahre hinaus in beträchtlicher Höhe. 
Wir erbitten die Vorlage einer Kostenaufstellung der vom Senat betriebenen 
Abwicklung des Offenen Kanals nach folgender Gliederung:   
*   Mietkosten für die leer stehenden Räume Stresemannstraße 375
a.  Mietkosten für das zweite Halbjahr 2003
    b.	Mietkosten für das Jahr 2004
c.	Restliche Mietrisiken bis Ende 2007
*   Schätzbare Rückbaukosten für die Räumlichkeiten
*   Gehaltszahlungen 
a.	für das zweite Halbjahr 2003
    b.	restliche Gehaltszahlungen 2004
*   Voraussichtliche Kosten Sozialplan 
*   Alternative Kostenberechnung, in welcher Höhe die Überführung der 
    Beschäftigten des Offenen Kanals in die HMS zu veranschlagen gewesen 
    wären
*   Übertragungsverträge 
a.	Kosten zweites Halbjahr 2003  
b.	Risiken 2004
*   Weitere offene Verpflichtungen
*   Höhe der Gesamtkosten

*   In welcher Höhe werden davon die Haushalte der HAM in den Jahren 2004 ff 
    belastet?
*   Wie soll die HAM nach Auffassung des Senates diesen Verpflichtungen 
    wirtschaftlich nachkommen?
*   In welcher Haftung sieht der Senat in diesem Zusammenhang die Stadt? 
*   Gedenkt der Senat die HAM wirtschaftlich abzusichern, damit sie auch in den 
    kommenden Jahren ihren Aufgaben nachkommen kann?